Verlustuntergang in Organschaftsfällen – FG Düsseldorf stärkt Verlustverrechnung

Von: Tobias Frambach

Einleitung

Mit Urteil vom 9. Dezember 2024 (Az. 6 K 1772/20 K,G,F) hat das Finanzgericht Düsseldorf eine für die Praxis bedeutsame Entscheidung getroffen: Bei einem unterjährigen Anteilseignerwechsel geht der bis dahin entstandene Verlust einer Organgesellschaft nicht nach § 8c KStG unter, sondern ist weiterhin mit den Gewinnen des Organträgers zu verrechnen. Dies gilt nach Auffassung des Gerichts ausdrücklich auch für die Gewerbesteuer (§ 10a Satz 10 GewStG). Damit stellt sich das Gericht gegen die bisherige Verwaltungsauffassung, die einen sofortigen Verlustuntergang auch bei Organschaften annimmt.

Streitfall

Dem Streitfall lag eine mehrstufige Organschaft zugrunde. Die Anteile an der ausländischen Muttergesellschaft, die zu 100 % am obersten Organträger beteiligt war, wurden unterjährig veräußert. Unstreitig lag damit ein schädlicher Beteiligungserwerb im Sinne von § 8c KStG vor. Fraglich war jedoch, ob die bis dahin entstandenen Verluste einer Organgesellschaft noch mit Gewinnen des Organträgers verrechnet werden dürfen oder ob sie nach § 8c KStG endgültig verloren gehen.

Weitere Streitfrage: § 8d KStG

Zudem war streitig, ob der besondere fortführungsgebundene Verlustvortrag nach § 8d KStG auf den Organträger Anwendung finden kann, wenn dieser zugleich auch Organgesellschaft ist.

Kernaussagen des Finanzgerichts

Das Finanzgericht stellt klar, dass eine unterjährige Verlustverrechnung im Organkreis vor Anwendung des § 8c KStG erfolgen muss. Die Verluste der Organgesellschaft seien noch unter der alten Anteilseignerstruktur entstanden und dürften daher nicht vom Verlustverfall erfasst werden. Zur Begründung verweist das Gericht auf die Systematik der Organschaft, deren Zweck in einer phasengleichen Ergebnissaldierung liegt, sowie auf den Ausnahmecharakter der Verlustabzugsbeschränkung.

Übertragung auf die Gewerbesteuer

Diese Grundsätze überträgt das FG ausdrücklich auch auf die Gewerbesteuer. Nach seiner Auslegung umfasst der Begriff „Fehlbeträge“ in § 10a Satz 10 GewStG nicht die laufenden Verluste des Jahres, sodass diese bei einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb nicht untergehen. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, sei aufgrund der Organschaft jedenfalls eine Saldierung mit Gewinnen des Organträgers vorzunehmen.

Ablehnung des § 8d KStG

Hingegen lehnt das Gericht eine Anwendung des § 8d KStG in solchen mehrstufigen Organschaftskonstellationen ab. Der Wortlaut der Norm schließt Organträger vom Anwendungsbereich aus, auch wenn diese zugleich Organgesellschaft sind. Eine teleologische Reduktion sei nicht angezeigt, da der Gesetzgeber bewusst sämtliche Organträger von der Begünstigung ausgeschlossen habe.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung des FG Düsseldorf ist für Steuerpflichtige erfreulich. Sie eröffnet die Möglichkeit, unterjährige Verluste von Organgesellschaften auch bei einem schädlichen Beteiligungserwerb noch im Organkreis zu nutzen. Damit widerspricht das Gericht ausdrücklich der restriktiven Auffassung der Finanzverwaltung, wonach solche Verluste sofort dem Untergang nach § 8c KStG anheimfallen.

Praktische Konsequenzen

Für die Praxis bedeutet das: Verluste, die im Organkreis bis zum Stichtag eines Anteilseignerwechsels entstanden sind, bleiben nutzbar und können mit Gewinnen des Organträgers verrechnet werden – sowohl bei der Körperschaftsteuer als auch bei der Gewerbesteuer.

Keine Erleichterung bei § 8d KStG

Hinsichtlich des § 8d KStG bringt das Urteil hingegen keine Erleichterung. Nach Auffassung des Gerichts ist die Vorschrift in mehrstufigen Organschaftsfällen nicht anwendbar. Insbesondere die gleichzeitige Rolle als Organträger und Organgesellschaft führt zum Ausschluss von der Begünstigung.

Revision und Ausblick

Die Revision zum BFH ist zugelassen (Az. I R 11/25). Es bleibt daher abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof die Linie des FG Düsseldorf bestätigt oder die restriktive Auffassung der Finanzverwaltung stützt. Für laufende Fälle empfiehlt es sich, Einspruch einzulegen und unter Hinweis auf das anhängige Verfahren offen zu halten.

Fazit

Das FG Düsseldorf stärkt die Verlustnutzung im Organkreis und setzt der strengen Verwaltungsauffassung zum Verlustuntergang nach § 8c KStG deutliche Grenzen. Unternehmen mit Organschaftsstrukturen sollten die Entscheidung genau im Blick behalten und ihre Fälle entsprechend prüfen. Sollte der BFH die Auffassung des FG bestätigen, könnte dies in Organschaftsfällen zu einer erheblichen Verbesserung der Verlustverrechnung führen.

Direkt zum Urteil des FG Düsseldorf kommen Sie hier:

[https://nrwe.justiz.nrw.de/fgs/duesseldorf/j2024/6_K_1772_20_K_G_F_Urteil_20241209.html]

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