Von: Tobias Frambach
Einleitung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 9. Juli 2025 (Az. II B 13/25) erhebliche Zweifel daran geäußert, ob bei verspäteter Anzeige eines Share Deals tatsächlich zweimal Grunderwerbsteuer festgesetzt werden darf – einmal beim Signing und ein weiteres Mal beim Closing.
Hintergrund: Die Signing-Closing-Theorie
Hintergrund des Falls ist die sogenannte Signing-Closing-Theorie, die die Finanzverwaltung seit einigen Jahren vertritt. Nach dieser Auffassung soll sowohl der Kaufvertragsabschluss über die Anteile (§ 1 Abs. 3 GrEStG) als auch die spätere Anteilsübertragung (§ 1 Abs. 2a/b GrEStG) jeweils ein steuerpflichtiges Ereignis darstellen. Dies hätte für die Praxis gravierende Folgen, da bei nicht fristgerechter oder unvollständiger Anzeige die Grunderwerbsteuer faktisch doppelt anfallen könnte. Allerdings sieht das Gesetz in § 1 Abs. 3 GrEStG ausdrücklich vor, dass der Kaufvertragsabschluss nur dann besteuert wird, „soweit eine Besteuerung nach den Absätzen 2a und 2b nicht in Betracht kommt“.
Begründung des BFH
Der BFH hat nun mit überzeugender Begründung dargelegt, dass eine doppelte Besteuerung nicht mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar sei. Besonders wichtig ist dabei der Hinweis, dass das Finanzamt im konkreten Fall bereits beim Erlass des Steuerbescheids für das Signing Kenntnis vom vollzogenen Closing hatte. Zudem weist der BFH darauf hin, dass beide Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) ergingen. Damit bestand ohnehin die Möglichkeit einer späteren Anpassung, sodass es nicht darauf ankam, ob die erst Ende 2022 verschärften Anzeigevorschriften nach § 16 Abs. 4a und 5 GrEStG zur Anwendung gelangen.
Bedeutung für die Praxis
Für die Praxis ist der Beschluss von großer Bedeutung. Er könnte die in den vergangenen Jahren erheblich verschärften Risiken einer doppelten Grunderwerbsteuerbelastung bei Share Deals deutlich entschärfen. Insbesondere für laufende Verfahren bietet die Entscheidung eine starke Argumentationshilfe. Offen bleibt jedoch, wie die Finanzverwaltung und möglicherweise auch der Gesetzgeber auf diese klare Positionierung des BFH reagieren werden.
Konsequenzen für Steuerpflichtige und Berater
Fest steht schon jetzt: Für Steuerpflichtige und Berater ist der Beschluss eine gute Nachricht. Er schafft neue Ansatzpunkte, um gegen doppelte Grunderwerbsteuerfestsetzungen erfolgreich vorzugehen und eröffnet die Chance, die Belastung bei Share Deals spürbar zu reduzieren.
Handlungsempfehlungen
Unternehmen und Investoren, die von doppelten Grunderwerbsteuerfestsetzungen betroffen sind, sollten aktuelle Bescheide umgehend prüfen lassen. In laufenden Verfahren empfiehlt es sich, Einspruch einzulegen oder bereits eingelegte Einsprüche mit Hinweis auf den BFH-Beschluss zu begründen. Auch bei neuen Share Deals ist es ratsam, die Dokumentation rund um Signing und Closing besonders sorgfältig vorzunehmen, um unnötige Risiken zu vermeiden.
Fazit
Das Urteil zeigt: Die Rechtslage ist in Bewegung – und wer jetzt aktiv wird, kann erhebliche steuerliche Entlastungen erreichen.
Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier:
[https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202520204/]