Von: Tobias Frambach
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 8. August 2025 ein neues Schreiben veröffentlicht, das die umsatzsteuerliche Behandlung von Online-Veranstaltungen neu regelt. Es ersetzt das BMF-Schreiben vom 29. April 2024 und gilt in erster Linie für Leis-tungen an Privatkunden (B2C), hat aber auch einzelne Auswirkungen im B2B-Bereich.
Hintergrund ist, dass Veranstaltungen in den Bereichen Kunst, Kultur, Wissenschaft, Bildung, Sport und Unterhaltung zunehmend nicht nur in Präsenz, sondern auch online stattfinden. Das Spektrum reicht von Live-Streams über Aufzeichnungen bis hin zu inter-aktiven Formaten. Mit den neuen Vorgaben werden der Leistungsort, mögliche Steuerbefreiungen und Steuersatzermäßigungen klarer definiert.
Vorproduzierte Inhalte
Wird eine Aufzeichnung digital bereitgestellt, die der Empfänger zeitunabhängig per Streaming oder Download abrufen kann, handelt es sich um eine elektronisch erbrachte sonstige Leistung. Der Leistungsort liegt bei Nichtunternehmern grundsätzlich am Wohnsitz oder Sitz des Empfängers. Für diese Leistungen gibt es weder eine Steuerbe-freiung noch einen ermäßigten Steuersatz.
Live-Streaming
Beim Live-Streaming wird eine Veranstaltung in Echtzeit übertragen, entweder parallel zur Präsenzveranstaltung oder an deren Stelle. Da diese Form mehr als nur minimal menschliche Beteiligung erfordert, gilt sie nicht als elektronisch erbrachte Dienstleis-tung. Auch hier liegt der Leistungsort bei Nichtunternehmern am Wohnsitz oder Sitz des Empfängers.
Live-Streaming kann steuerfrei sein, wenn es von einer nach § 4 Nr. 20 UStG begünstig-ten Einrichtung erbracht wird. Ist dies nicht der Fall, kann für den Verkauf digitaler Ein-trittsberechtigungen der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a UStG angewendet werden.
Dienstleistungskommission
Werden Streams oder Aufzeichnungen über Drittportale angeboten, kann eine Dienst-leistungskommission vorliegen. In diesem Fall gelten Steuerbefreiung oder Steuer-satzermäßigung auch für die Besorgungsleistungen, wenn die Hauptleistung begünstigt ist.
Leistungskombinationen
Werden Live-Streams zusammen mit einer später abrufbaren Aufzeichnung angeboten, ist zu prüfen, ob es sich um eine einheitliche Leistung oder um getrennte Leistungen handelt. Maßgeblich ist hierbei der wirtschaftliche Gehalt aus Sicht des Durchschnitts-verbrauchers.
Anwendung auf Bildungs- und Gesundheitsangebote
Interaktive Live-Streams im Bildungsbereich können unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 und 22 UStG steuerfrei sein. Auch Online-Sprechstunden mit direktem Austausch zwischen Arzt und Patient sind nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei. Aufzeichnungen oder automatisierte Lernangebote sind dagegen nicht befreit.
Änderungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass
Mit dem Schreiben wurden entsprechende Anpassungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass vorgenommen, um die neuen Regelungen abzubilden.
Anwendung und Übergangsregelung
Die neuen Regelungen gelten für Umsätze mit Leistungsort nach dem 31. Dezember 2024. Für Leistungen vor dem 1. Januar 2026 wird es nicht beanstandet, wenn noch die bisherigen Vorgaben aus dem BMF-Schreiben vom 29. April 2024 angewendet werden.